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Mit dem Rad und zu Fuß auf Entdeckungstour im Val Trompia

Von Brescia über Bovegno zum Passo del Maniva: auf den Spuren des Eisenerzes im lombardischen Val Trompia.

Gemeinsam mit dem Valle Camonica und dem Valle Sabbia gehört das Val Trompia in der Lombardei zu den Tre Valli, den drei brescianischen Gebirgstälern, und verbindet Brescia mit dem Passo del Maniva. Das Tal ist geprägt durch seine faszinierende Natur und die reichen Eisenerzvorkommen. Diese haben einst die Industrie ins Tal gebracht. Jahrhundertelang wurde Eisenerz abgebaut und noch im Tal Trompia verarbeitet. Das touristisch bisher wenig frequentierte Tal ist eine spannende Mischung aus Natur und Industriekultur.

Mit dem E-Bike bis nach Bovegno

Mit dem Rad sind wir hergekommen, am Fluss Mella entlang das Val Trompia hinauf. Bequem batterieunterstützt auf dem E-Bike. Vor allem für weniger trainierte Radler eine gute Entscheidung, angesichts der knapp über 1.000 Höhenmeter, die wir während unserer über 40 Kilometer langen Tour, das Tal hinauf, auf den Tacho gestrampelt haben. Selbst der steile Anstieg von Bovegno zum Agriturismo Chichimela wird auf dem E-Bike zum Kinderspiel.

„Eigentlich bereue ich nur, dass wir nicht schon viel früher hergekommen sind. Es ist ein so friedlicher Ort“, lacht Francesca Dioni. Sie erzählt, wie sie vor über zehn Jahren während eines Spaziergangs hier in den Bergen oberhalb von Bovegno stand und beschloss, noch einmal neu anzufangen – mit zwei kleinen Kindern an der Hand, dem Mann im Schlepptau und vor sich eine grandiose Aussicht ins Val Trompia. Chichimela hat die ehemalige Buchhalterin aus Brescia ihr kleines Paradies getauft, wie der Spitzname ihrer jüngsten Tochter. Ein landwirtschaftlicher Betrieb mit zwei Gästezimmern, der sich auf Heidelbeeranbau spezialisiert hat und daraus leckere Konfitüren und Säfte herstellt. Wer das Agriturismo heute sieht, kann sich nur schwer vorstellen, dass hier einmal nur ein verfallenes Haus stand, zu dem nicht einmal eine Straße führte, als Francesca und ihr Mann ihre Jobs für diesen Traum aufgaben.

Unterwegs im Schaubergwerk Sant’Aloisio 

Die vor Jahrzehnten stillgelegten Eisenerzminen und die Hochöfen sind als Besucherbergwerke und Museen zu neuem Leben erwacht und sollen Touristen ins Tal bringen. Bevor wir im Gänsemarsch den Gleisen der Lore folgend den zweieinhalb Kilometer langen Besucherstollen des Schaubergwerks Sant’Aloisio in Collio betreten, zeigt Bergwerksführerin Sara Gipponi wie die Lampen an unseren Helmen funktionieren. „Drinnen herrscht absolute Dunkelheit, das macht den Besuch authentischer“, erklärt Sara und berichtet: „bis 1986 wurde in der Mine auf zehn Ebenen Eisenerz abgebaut.“ Besonders beeindruckend sind ihre Schilderungen der harten Arbeit unter Tage, die bis in die 50er Jahre ohne jeden Arbeitsschutz erfolgte. Eindrucksvoll der Moment, als sie uns bittet die Helmlampen auszuschalten und stattdessen eine Karbidlampe, wie sie die Arbeiter in den Bergwerken einst verwendeten, entzündet, nur um sie kurz darauf wieder zu löschen. Wir stehen in kompletter Dunkelheit und erfahren von Sara, dass die Bergleute, wenn die Karbidlampe nicht mehr funktionierte, im feuchten stockdunklen Stollen ausharren mussten, bis die nächste Schicht mit ihren Lichtern den Weg nach draußen ausleuchtete. Wir sind froh, dass die Batterien unserer Helmlampen neu sind und wir nicht ohne Licht auf Rettung warten müssen.

Besuch des Hochofens Forno Fusorio

Ebenso wenig wie bange Stunden in absoluter Dunkelheit, hätte uns die Arbeit im Hochofen „Forno Fusorio“ in Tavernole sul Mella gefallen. „Die originalgetreu erhaltene Anlage ist einzigartig in Europa“, erfahren wir beim Besuch und bekommen auch erklärt, dass früher ganze Familien, eng zusammengepfercht in wenigen Zimmern, am Fuße des Hochofens gelebt haben, weil dieser ein halbes Jahr Tag und Nacht durchgeheizt werden mussten, damit der Schmelzprozess nicht unterbrochen wurde. Die restlichen sechs Monate verbrachten die Familien der Arbeiter in den umgebenden Wäldern, um das für die Befeuerung des Hochofens notwendige Holz zu schlagen.

Zu Fuß vom Maniva-Pass bis zum Lago Dasdana

Die Natur des Val Trompia steht in großem Kontrast zu den Relikten aus der Zeit, als hier noch aktiv Eisenerz gewonnen und weiterverarbeitet wurde. Nicht nur, weil wir für eine Wanderung am Passo Maniva den kurzen Raddress vom Vortag mit allen warmen Pullovern und Jacken, die im Koffer waren, getauscht haben. Während unserer Übernachtung auf der Passhöhe haben ein Gewitter mit Hagel und der erste Schnee bereits Mitte September für Temperaturen kurz über dem Gefrierpunkt und eine „Puderzuckerschicht“ auf den Bergwiesen gesorgt.  

Zu Fuß geht es von der knapp über 1.600 Meter hohen Passhöhe des Maniva-Pass weiter nach oben in die Berge. Wir wandern zu den Wasserfällen „Cascate del Maniva“ und zum Lago Dasdana. Eine idyllisch gelegene Hochsee, der zum Fischen genutzt wird. An das Eisenerz erinnern hier oben nur die Einschlüsse im Gestein auf dem Wanderweg, aber keine Hochöfen oder Bergwerke. Beim Aufstieg mit Gegenwind und drei Grad, wünschen wir uns das E-Bike und die über zwanzig Grad vom Vortag zurück. Unser Guide Andrea Pagliari, Gründer der Outdooragentur Mille Monti, der uns am Vortag bereits mit den Rädern begleitet hat, erklärt uns jetzt die Besonderheiten in den Bergen am Maniva Pass. „Der Monte Dasdana ist ein außergewöhnlicher Punkt“, erzählt er, während der Vesperpause am Dasdana See und deutet auf die Bergspitze. „Dort treffen die drei Bergtäler der Provinz Brescia zusammen. Das Val Sabbia, in dem der Lago Dasdana liegt, das Val Camonica und das Val Trompia durch das wir von Brescia aus zum Maniva Pass gekommen sind“. Wir belassen es für dieses Mal aber bei der Erkundung des Val Trompia, dort gibt es zwischen Industriekultur und Natur schon genug zu entdecken.

Informationen: www.visitvrescia.it  und https://scoprivaltrompia.it/

Radweg: Die Fahrt von Brescia nach Bovegno ist Teil des Greenway, ein Radwegenetz mit über 3.500 km in den Tälern Val Trompia und Val Sabbia. Um nach Chichimela zu gelangen, in Bovegno der SP 345 Richtung Passo Maniva folgen, dann nach links in via die D. Brentana, nach rechts in die Via Angelo Canossi, wieder rechts in die Via Circonvallazione Aldo Cibaldi, links in die Via delle Fonte und links in die Via Fassole bis Chichimela. www.greenwayvalliresilienti.it/it/percorsi/50/

Wanderung Maniva-Pass: Über die Outdoor-Agentur in Brescia können Wanderführer gebucht werden. www.millemonti.it

Schaubergwerk: Für die Führung festes Schuhwerk und eine warme Jacke mitbringen. Die Temperatur im Bergwerk beträgt ganzjährig acht Grad. Neben der Führung durch die Stollen, gibt es beim Bergwerk einen Abenteuerpark: Angeseilt geht es auf Hängebrücken und über Schwebebalken durch die Außenbereiche des ehemaligen Bergwerks. www.minierasantaloisio.it

Historischer Hochofen Forno Fusorio: www.bresciatourism.it/cosa-fare/museo-il-forno-tavernole/

Besonders erfolgreich haben sich im Val Trompia Waffenhersteller angesiedelt. Beretta, als einer der bekanntesten, produziert seit dem 16. Jh. bis heute in Gardone Val Trompia. Die originale Nachbildung eines historischen Gewehrs durch die im selben Ort ansässige Firma Pedersoli hat es bis nach Hollywood geschafft: in den Oskar prämierten Historien-Western-Thriller „The Revenant – Der Rückkehrer“ mit Leonardo DiCaprio.

Einkehren und Übernachten

Agriturismo Chichimela: Wer den Anstieg von Bovegno aus scheut, für den bietet der auf Heidelbeeranbau spezialisierte Betrieb ab Bovegno einen Shuttleservice auf Anfrage an. www.chichimela.com

Verkostung regionaler Produkte: www.rebeccofarm.it

Einkehrmöglichkeit während der Radtour in Lavone di Pezzaze. Zusammenschluss von kleinbäuerlichen Betrieben, die ihre lokalen Produkte vermarkten.

Text und Bilder: Maren Recken

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