„Sprechen wir auf Deutsch oder in italiano?“ Auf diese sympathische Weise beginnt das Gespräch mit dem Autor des erfolgreichen Buches „Bella Germania“ in der Kulturlounge im Nürnberger Thalia-Buchhaus CAMPE. Der gebürtige Münchner ist nach Nürnberg gekommen, um seinen ersten Roman „Bella Germania“ vorzustellen. Daniel Speck beherrscht die italienische Sprache perfekt, und wie es oft in solchen Fällen passiert, sprechen wir gemischt, mal deutsch mal italienisch. Wenn er sich auf Italienisch unterhält, fängt er an, wie die Italiener, zu gestikulieren, selbst die Züge des Gesichtes ändern sich. Ist das der Italiener in ihm, oder hat der Autor lange Jahre auf der Halbinsel gelebt? Ich muss fragen, denn sein natürlicher dunkelbrauner Teint und die intensiv dunklen Augen könnten eine südliche Abstammung verraten. Und ja! In der Tat kommt ein Elternteil aus dem Mittelmeerraum, jedoch nicht aus Bella Italia. Dort und präziser in der Ewigen Stadt hat er eine Filmhochschule besucht: „Es war eine wunderschöne Zeit in einer wunderschönen Stadt. Ich war vom italienischen Neorealismus und von Filmregisseuren wie De Sica fasziniert, denn die neorealistischen Filme zeigen authentische, objektive Geschichten und drücken auch ihre emotionale Seite aus, und ich möchte diesen Gefühlen ebenfalls Ausdruck verleihen“, betont Speck.
In Rom hat er Italienisch gelernt – so gut und raffiniert ist sein Italienisch, dass er den Klang von italienischen Wörtern, wie cocomero, fiammifero oder Isole Eolie, liebt. „Es ist Musik für meine Ohren,“ fügt er hinzu. Auf die Frage, was sein Lieblingsort in Italien sei, antwortet er ohne zu zögern: „Das Hotel Signum auf Salina“. Ich kann das gut verstehen, weil dieses Hotel auch für mich ein magischer Ort ist. So unterhalten wir uns über gemeinsame Freunde: Die Welt ist wirklich klein! Von dieser kleinen sizilianischen Insel der Isole Eolie (Liparischen Inseln) kommt ursprünglich auch Giulietta Marconi, eine der Protagonistinnen seines Romans. Wie ihr Bruder Giovanni wurde auch sie in der kleinen Ortschaft Malfa auf Salina geboren: Die beiden verließen ihre Insel, um in Mailand Arbeit zu suchen und gingen später nach München. Auf Salina und in Mailand – die italienischen „Drehorte“ von „Bella Germania“ – hat Speck selbst lange verweilt, während er an seinem Roman schrieb: An diesen zwei Orten hat er auch aus wahren Geschichten seine Inspiration geschöpft. Auch daher kommt seine Geschicklichkeit, sich in seine Protagonisten hineinzuversetzen und den Leser so mitzureißen, dass man nicht ans Aufhören beim Lesen denkt – ohne Zweifel das Können des erfahrenen Grimme-Preis Trägers und Drehbuchautors.
Eine deutsch-italienische Beziehung
Was ihn dazu gebracht hat, eine deutsch-italienische Geschichte zu schreiben, erklärt er so: „Ich bin 1969 geboren und in München mit Spaghetti und Pizza groß geworden. Eine Selbstverständlichkeit für mich. Ich wollte aber mehr über die Einwanderer erfahren, die unser Land verändert haben – und auch, wie sie durch unser Land verändert wurden, denn in solchen Geschichten steckt ein großartiger Reichtum!“ behauptet Speck.
Im Dezember 1955 unterzeichneten Deutschland und Italien das erste “Gastarbeiter”-Anwerbeabkommen: Dies war der Startschuss für die italienische Einwanderung nach Deutschland.
Aus diesen Ideen hat sich eine Familiengeschichte entwickelt, die Emigration thematisiert und gleichzeitig auch eine Liebesgeschichte ist. Menschen in Italien, vor allem aus Suditalien, leben mit starken Familienbeziehungen, die ihr ganzes Leben beeinflussen – wie auch in Specks Roman. Als „Rettung“ kommt aber oft die typisch italienische Einstellung zum Leben: l’arte di arrangiarsi. „Das ist der Ausdruck, der meiner Meinung nach, Italien am besten beschreibt: Die Kunst, immer zurechtzukommen, egal in welchen, auch schwierigen, Situationen man sich befindet“, erzählt Speck. „Wir Deutschen erreichen etwas im Leben durch unsere Leistung. Viele Italiener denken hingegen, dass man auch fortuna (Glück) dabei hatte. Und wer nicht sehr erfolgreich ist, hatte wohl sfortuna (Pech),“ behauptet der Autor – und verweist damit auch auf den Fatalismus, mit dem viele Italiener das Leben hinnehmen:
Er hat selbstverständlich positive und negative Seiten. Speck interessieren aber nicht nur Familiengeschichte – und Schicksale. „An Italien faszinieren mich am meisten Autos und ihr Design,“ gesteht der Münchner. „Deswegen wollte ich in meinem Roman auch die wahre Geschichte der Isetta erzählen, die eigentlich ein italienisches Auto ist. Entworfen in Mailand, hatte der Wagen in Italien kaum Erfolg, weil er nicht so schön war. Mit dieser Geschichte wollte ich auch hervorheben, wie genial die italienischen Techniker schon damals waren. Und vergessen wir nicht die Rolle der Mode in der Handlung des Romans: Julia ist eine Modedesignerin, die…“ Speck wird unterbrochen: Die Buchvorstellung darf beginnen. Das Publikum wartet auf den Autor, der sich „italienisch“ gelassen zu seinem Stehtisch begeht.
Im Frühling 2018 erscheint „Bella Germania“ auch in der italienischen Fassung beim Verlag Sperling & Kupfer. Für 2018 ist auch eine Verfilmung des Buches im ZDF als Mini-Serie geplant. Daniel Speck arbeitet bereits an einem zweiten Familienroman – auch diesmal hat die Geschichte mit Italien zu tun, mehr hat uns der Autor aber nicht verraten.
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Text: Nicoletta De Rossi • Bilder: Giò Martorana