Rom für Fortgeschrittene

Wie leben Deutsche in Italien? Martina Kliem gibt dem Leser in ihrem Buch „Rom für Fortgeschrittene“ viele Geheimtipps. Selbst die Rӧmer treffen darin noch auf viele ihnen unbekannte Sehenswürdigkeiten und Geschichten über die Ewige Stadt. Hier ein kleiner Auszug aus dem Kapitel „Das Deutsche Rom“.

Lassen wir einen Augenblick Goethe beiseite. Schließlich sind wir Rom-Fortgeschrittene, und Johann Wolfgang von Goethe gehört zum deutsch-italienischen Kulturverständnis wie die Pasta in die deutschen Haushalte. Mindestens einmal wird er in einem Italien-Reiseführer erwähnt. An den wohl berühmtesten deutschen Italienliebhaber aller Zeiten erinnern eine nach ihm ernannte Straße mit seiner Statue (in der Villa Borghese), mehrere Erinnerungstafeln, Tausende von Zitaten und ein eigenes Museum.

Nach welcher deutschen Berühmtheit wird nun auch ein Platz ernannt?

Ein halbes Jahrtausend nach Beginn der Reformation hat nun die römische Stadtverwaltung entschieden: Die Welthauptstadt des Katholizismus wird auch einen Platz zu Ehren Luthers bekommen. Die künftige Piazza Martin Lutero liegt unweit des Kolosseums im Park Colle Oppio. 2011 hingegen widmete man dem Vater der Psychoanalyse einen Garten, den Giardino Sigmund Freud in der Via Lisbona unweit der Società Psicoanalitica Italiana. Einen Tag vor der Einweihung jedoch fiel ein riesiger Baum auf die Straße. Wegen mangelnder Instandsetzung des Gärtchens. Ein Omen? Der Autor der Traumdeutung kam in der Zeit von 1901 bis 1923 immerhin sechs Mal nach Rom. Als er bei seiner ersten Ankunft aus dem Zug aussteigt, ist es Liebe auf den ersten Blick, amore a prima vista! Er nächtigt im Hotel Milano, heute Colonna Palace an der Piazza Montecitorio. Dann im Eden in der Via Ludovisi. Er speist im Restaurant La Rosetta und legt seine Hand in die Bocca della verità. Täglich besucht er die Moses-Statue von Michelangelo in der Kirche San Pietro in Vincoli und versucht, dieses prachtvolle Meisterwerk zu durchleuchten. Insomma, er ist unermüdlich. Neugierig erkundet er immer wieder die Stadt, die so anders ist als seine Heimat. Am 4. September 1902 beschreibt er ein nächtliches Gewitter: „Heute Nacht gab es ein Unwetter, so gewalttätig und maßlos wie Michelangelo. Lärm, als würden wir absinken, Schreie auf der Straße, Feuerwehr, Glockenschläge. Die Blitze waren so schön, dass mir einige Hieroglyphen des Obelisken vor unserem Fenster im Sinn geblieben sind.“

„Rom für Fortgeschrittene“
Edition Winterwork
ISBN: 978-3-96014-109-9

Martina Kliem ist Deutsche und lebt in Rom. Die Dozentin und Autorin hat vor einigen Jahren den Verein „Deutsche in Rom“ www.deutsche-in-rom.com gegründet.

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