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Voga alla veneta mit Row Venice

Bei Row Venice dreht sich hier alles um die typisch venezianische Art des Ruderns: Ein Gespräch mit Elena Almansi und Jane Caporal über die Ziele der ausschließlich aus Frauen bestehenden Non-Profit-Organisation.

Genau im Juni letzten Jahres traf ich mich das erste Mal mit Elena Almansi und Jane Caporal von Row Venice in Venedig. An einem sehr sommerlichen Nachmittag hatten wir uns bei einer Anlegestelle an einer langen Fondamenta im Stadtviertel Cannaregio verabredet. Elena und Jane kamen pünktlich an Bord eines ihrer Boote, der typisch venezianischen „batela a coa de gambero“. Das elegante Boot glitt geräuschlos durch den Kanal. Kein Mensch war an dieser Ecke der Lagunenstadt, außerhalb der überfüllten Massentourismusstrecken, zu sehen. Auch im Kanal waren die beiden allein unterwegs, nicht mal Möwen kreisten über unseren Köpfen: Die glühende Hitze hatte die ganze Stadt in die Siesta gejagt. Von der Haltung der beiden stehenden Frauen war ich gleich beeindruckt: Sie ruderten alla veneta (auf venezianische Art) elegant – und scheinbar absolut unbeschwert.  Schnell waren sie am Ufer, und wir begannen, uns sofort über die Voga alla veneta und Row Venice zu unterhalten.

Voga alla veneta

Das Abenteuer mit Row Venice begann vor ungefähr 12 Jahren. Initiatorin der No-Profit-Organisation war Jane Caporal, eine Australierin, die inzwischen schon 30 Jahre in Venedig lebt. In der jungen Elena Almansi fand Jane nicht nur eine leidenschaftliche Ruderin, sondern auch eine engagierte Mitstreiterin. Die typisch venezianische Voga alla veneta wurde Elena in die Wiege gelegt, denn ihre beiden Elternteile sind berühmte venezianischer Regattasieger. Bereits mit drei, vier Jahren  begann sie zu rudern. Bei Jane entwickelte sich die Leidenschaft fürs Rudern dagegen erst später. Nach der Geburt ihres zweiten Sohns fing sie mit der Voga alla veneta an. Während des Interviews frage ich mich, was die beiden so unterschiedlichen Frauen miteinander verbindet. Erst als sie anfangen, über die traditionelle Art des Ruderns zu erzählen, wird es mir klar. Gemeinsam haben sie klare Ziele: den Leuten beizubringen, wie man alla veneta rudert, diese alte Tradition zu bewahren und die Wertschätzung der Frau bei dieser ansonsten hauptsächlich von Männern geprägten Sportart zu steigern. Deswegen widmen sie ihre ganze Freizeit Row Venice.

Rudern lernen bei Row Venice

 „Am Anfang hielten wir nur wenige Kurse, vielleicht einen am Tag, aber irgendwann und ganz plötzlich stieg die Nachfrage rapid und absolut unerwartet“, erzählt Elena, und man sieht das Erstaunen von damals noch heute in ihrer Miene. Ein paar gute Rezensionen in Tripadvisor trugen zum Erfolg ihrer Organisation bei. Damit war auch eine gewisse Bekanntschaft gesichert, und das „…in einer Ruderwelt – fügt Jane hinzu –, die fast eine Männerdomäne in Venedig ist. Erst in den letzten Jahren ist der Anteil an Preisen für Frauen bei den Regatten auf 20 Prozent gestiegen!“ Heute besteht Row Venice aus ungefähr 20 Frauen im Alter zwischen 16 und 65 Jahren: Die allermeisten von ihnen sind istruttrici di voga (Trainerinnen im Rudern). Rudern kann jeder und in jedem Alter – Jane und Elena haben auch Kunden mit über 80 Jahren. Sobald man stehen kann (bei der Voga alla veneta rudert man immer stehend), kann man rudern. Da das „batela a coa de gambero“ (batea in der venezianischen Mundart) ein sehr stabiles Boot ist, ist es ideal für Anfänger. Und tatsächlich gehören Alt und Jung, Frau und Mann zur Klientel von Row Venice. Es sind Einzelpersonen, aber auch ganze Familien mit Kindern, und die Allermeisten kommen aus dem Ausland. Was ist so besonders an dieser Art des venezianischen Ruderns? Die Voga alla veneta ist nicht nur eine spannende Sportart, sie bietet auch die Möglichkeit, die Laugenstadt in den ruhigen Kanälen zu erkunden und erleben, weit weg vom üblichen Andrang in den engen Calli. Ein Ruderkurs bei Row Venice bietet eine besondere Erfahrung, was sich jeder Erlebnisurlauber gerne wünscht. „Rudern schenkt mir darüber hinaus – und das jedes Mal aufs Neue – auch ein schönes Freiheitsgefühl,“ betont Elena. Ja, ich weiß, was sie damit meint. Denn sobald man im Boot (sei es auch nur im Vaporetto) in Venedig unterwegs ist, fühlt sich freier – und erlebt eine Art „Reise in der Reise“.

Informationen: www.rowvenice.org

Die Aktivität von Row Venice, wie die von vielen Unternehmen Venedigs, wurde wegen des Rekord-Hochwassers im November 2019 lange gestoppt. Kaum hatte sich die Situation in der Lagunenstadt normalisiert, kam die Covid-19-Pandemie mit der wochenlagen totalen Ausgangssperre. Seit Mitte Juni hat Row Venice nun wieder geöffnet.

Die Non-Profit-Organisation vergisst nie ihre soziale Bestimmung, daher bietet Row Venice den öffentlichen Schulen Venedigs umsonst Kurse an. Während des Corona-Lockdowns, der in Italien und auch in Venedig sehr restriktiv war, hat Row Venice einigen Bioherstellern von Gemüse und Obst geholfen, ihre Ware direkt nach Hause zu liefern. Die Row-Venice-Boote konnten viele Haushalte vor allem an engeren und kleinen Kanälen besser als große und breite Boote erreichen. Dabei erlebten Elena und Jane ein fast surreales Venedig ohne Geräusche, ohne hohe Wellen, ohne Verkehr – ein Venedig, das es vielleicht nur in der Antike gab – ruhig und still. 

Text: Nicoletta De Rossi – Bilder: Harald G. Koch

Erscheinungsdatum: 23.06.2020

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