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Spaziergang durch Dorsoduro in Venedig

Bei einem Spaziergang durch den Stadtteil Dorsoduro entdeckt der Besucher zurzeit eine ungewöhnlich ruhige Lagunenstadt mit wenigen Venezianern und noch weniger Touristen.

Ruhig ist die Atmosphäre am ersten Wochenende im Juli 2020 im Sestiere Dorsoduro in Venedig. Touristen sind zwar unterwegs, aber ihre Zahl ist überschaubar. Massentourismus, Gedrängel, Grandi Navi, überfüllte Züge? Fehlanzeige! Nach solch einem Venedig habe ich mich schon lange wieder gesehnt! Die Lagunenstadt an einem Wochenende im Sommer so ruhig und so leise zu erleben grenzt fast an ein Wunder. Das liegt sicherlich nicht an den warmen Temperaturen, denn es weht ein erfrischender Wind, der die unangenehme Feuchtigkeit fernhält. Diese Ruhe ist dem Corona-Virus zu verdanken. Einerseits ist es eine wunderbare Chance für die Besucher, andererseits wird es zum echten Problem für alle venezianischen Aktivitäten, die vom Tourismus abhängig sind. Als ich am Hautbahnhof ankomme, wird mir sofort klar, dass es heute hier nicht viel los ist. Sehr wenige Leute sind an den Gleisen zu sehen. Meine Vermutung wird sofort bestätigt, sobald ich den Bahnhof verlasse. Auf der Treppe zum Hauptbahnhof steht kaum ein Mensch – und das trotz separaten Ein- und Ausgangs. Auch am Eingang zum imbarcadero (der Anlegestelle für die Vaporetti) gibt es keine Staus, genauso wenig wie am Fahrkartenschalter. Ich besteige die Scalzi-Brücke und stelle fest, dass es kein Problem ist, mit Abstand auf der Brücke über dem Canal Grande zu gehen. Wenig los ist auch auf dem Wasser. Neben den Vaporetti fahren nur vereinzelte Boote.

Den Sestiere Dorsoduro entdecken

Das Ziel meines heutigen Spaziergangs ist die Uferpromenade Le Zattere im Sestiere Dorsoduro. Dieses Stadtviertel hat zwar nicht den Ruf, eines der am meisten besuchten sestieri Venedigs zu sein. Doch er besitzt einige Touristenmagneten, wie die Gallerie dell’Accademia und das Museum Collezione Peggy Guggenheim, die barocke Pestkirche Basilika Santa Maria della Salute oder die Werft (squero) San Trovaso. In diesem Viertel befindet sich auch die Universität Ca’Foscari. In den fast verlassenen kleine calli und fondamenta treffe ich auf wenige Leute. So kenne ich mein Venedig nur an einigen Herbst- und Wintertagen. Auf der Strecke entdecke ich die Kirche des Erzengels Raphael, die sich einiger Gemälde des venezianischen Malers Gian Antonio Guardi rühmt: Auf der Brüstung der Orgel sind seine Szenen aus dem Buch des Tobias mit dem Erzengel Raphael zu bewundern. An der gegenüber gelegenen „Ponte del Cristo“ steht einsam ein altes Kreuz in einem Tabernakel aus dem 18. Jh. Von der Fondamenta San Sebastiano erreiche ich endlich die Fondamenta delle Zattere. Auf der sonnigen, breiten und längsten Uferpromenade der Lagunenstadt mit Blick auf der Insel Giudecca ist kaum etwas los. Einige Venezianer stehen vor einem Supermarkt und vor der Post Schlange – mit Schutzmaske und Abstand haltend. Ansonsten kann man sich problemlos auf die freien Bänke setzen und ungestört die gegenüber liegende Giudecca beobachten, ohne dass ein großes Schiff die Sicht behindert.

Von der Accademia bis zum Hauptbahnhof

Ich biege in die Straße Rio Terrà Antonio Foscarini ab, die zur Accademia-Brücke führt. Im Sommer ist sie von prachtvollen roten Oleandern flankiert. Hier flanieren immer viele Leute, heute ist aber wenig los: Der Souvenirstand wird wohl kaum Hüte verkaufen.  Genauso wenige Leute stehen auf der Brücke, wo man normalerweise Schlange stehen muss, um ein Foto mit dem Canal Grande im Hintergrund zu nehmen. Kaum Bewegung gibt es auch vor der Galleria dell’Accademia. Ich gehe weiter Richtung Campo San Barnaba. Unter den Sonnenschirmen der beiden Bars am Campo genießen Venezianer einen Spritz. Ich gönne mir auch einen Aperitif, aber stehend an der äußeren hölzernen Theke. Ganz in der Nähe, am Fuße der Ponte dei Pugni, kaufen ein paar Leute direkt von dem bunten Boot „La Barca“ frisches Obst und Gemüse ein. Heute sind hier auch schöne violette Artischockenblumen aus den Lagunengärten im Angebot. Im Campo Santa Margherita sammeln sich Venezianer um den Fisch-Stand; einige sitzen auf den Bänken unter den Bäumen und genießen den Schatten. Ich überquere den großen Campo, aber bevor ich die Brücke zum Campo S. Pantalon passiere, sehe ich an einer Fassade über dem Wasser das berühmte Graffito des britischen Streetart-Künstlers Banksy – zumindest hatte der Graffiti-Star es 2019 vor der Eröffnung der Biennale für sich reklamiert. Das Graffito porträtiert ein Kind mit einer Rettungsweste und einer Seenotrettungsfackel in der Hand. Obwohl das Kunstwerk schon lange da ist und selbst das Hochwasser vom November 2019 überlebt hat, wirkt es immer noch sehr beeindruckend. Nach wenigen Minuten bin ich wieder an der Scalzi-Brücke vor dem Hauptbahnhof. Einen letzten Blick werfe ich noch auf den Canal Grande: Eine einzelne Gondel, wunderschön und majestätisch, fährt gerade vorbei – Symbol eines Venedig in Corona-Zeiten.   

Informationen: Venezia Unica www.veneziaunica.it/de und Reiseführer über Venedig

Informationen über die Lagunenstadt und die Region Venetien: www.enit.de

Text & Bilder: Nicoletta De Rossi

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