In Ferrara, der Stadt der Estensi, können Besucherinnen und Besucher der Ausstellung „Chagall, Zeuge seiner Zeit” 200 Werke bewundern – Gemälde, Zeichnungen und Stiche, von denen einige zum ersten Mal in Italien gezeigt werden. In zwei großen Räumen kann man zudem zwei seiner monumentalen Kreationen in spektakulärer Größe sehen: die Decke der Opéra de Paris und die zwölf Glasfenster für die Synagoge von Hadassah.



Marc Chagall: ein visionärer Künstler
Marc Chagall war ein Lobpreiser der Schönheit und Bewahrer der Erinnerung. Weltweit bekannt für seine schwebenden Figuren und farbenfrohen, verzauberten Atmosphären, hielt er die Erinnerung an seine Heimat, an Traditionen und Zuneigungen lebendig und projizierte sie stets auf neue Ausdruckselemente. Geteilte Gesichter, sich vervielfachende Profile und sich spiegelnde Porträts sind Beispiele für seine außergewöhnliche Fähigkeit, die Dualität der menschlichen Existenz zu erfassen. Auch fliegende Liebende, sprechende Tiere und explosive Blumensträuße werden zu universellen Metaphern, die über das reine Sichtbare hinausgehen.



In einer Zeit der Fragmentierung wie der unseren erinnert uns Chagall in der Schau „Chagall, testimone del suo tempo“ daran, dass Kunst eine Brücke zwischen verschiedenen Welten sein kann: eine Synthese scheinbar unvereinbarer Traditionen sowie ein getreues Spiegelbild der Bestrebungen und Widersprüche der Menschheit. In seinen Werken scheint sich die Zeit den Gesetzen der Physik zu entziehen. Brautpaare, die über Kirchtürme fliegen, oder Geiger auf Dächern. Hinter dieser scheinbaren zeitlichen Anarchie verbirgt sich die Klarheit eines Menschen, der das 20. Jahrhundert wie ein Seiltänzer durchlebt hat.
Wo: Palazzo dei Diamanti, in Ferrara
Wann: bis zum 8. Februar 2026
Informationen: www.palazzodiamanti.it
Die Ausstellung wurde von Fondazione Ferrara Arte e Arthemisia, in Zusammenarbeit mit dem Servizio Cultura, Turismo e rapporti con l’UNESCO der Stadt Ferrara organisiert.
Text: Sylvia Pastres; Bilder: © Marc Chagall, by SIAE 2025